der Weg zurück in die Normalität

Moin und ein herzliches Willkommen zurück zum zweiten Teil meiner Krebs Diagnose.

Nach meiner Krebserkrankung war ich ungefähr 2 Monate krankgeschrieben und irgendwie hatte ich dann wieder ein gutes Gefühl zu mir selbst.

Ein Trugschluss wie sich wenige Monate später herausstellte.

Mir fiel zu Hause die Decke auf den Kopf. Um auf andere Gedanken zu kommen,
wollte ich zurück ins Arbeitsleben.

In der Firma in der ich angestellt bin, unterliegt einem Saisongeschäft.

Im Winter ist ganz wenig los und im Sommer tobt der Bär.

Am Anfang ließ ich es erstmal etwas ruhiger angehen. Die Saison startet so ende März. Ab da nahm der Trubel auch gleich zu.

Und plötzlich brannte es bei uns extrem.

Ursache war, das ein Mitbewerber
seinen Geschäftsbetrieb plötzlich eingestellt hatte.
Die Kunden stürmten uns regelrecht. Das Telefon stand nicht mehr still und ich kam kaum zu meinen eigentlichen Aufgaben.

Uns fehlte ein Mitarbeiter , der zum Anfang April gekündigt hatte.

Mein Aufgabengebiet vergrößerte sich.
Und alle mußten richtig ran klotzen.
Normalerweise macht mir sowas nicht soviel aus.

Aber “Normal” war bei mir gerade nicht.

Meine Erkrankung hat mich doch ganz stark geschwächt. Ich kam schnell an meine körperliche und auch seelischen Grenzen.

Mir ging es rapide schlechter. Mein Akku war andauernd im roten Bereich.

Ich schaffte es nicht mehr zu entspannen und mich in meiner wenigen Freizeit zu erholen.
Meine Ärztin gab mir den Rat, eine Gesprächstherapie für einem Psychologen zu beantragen. Damit ich über meine Ängste und Sorgen bezüglich meiner Krebserkrankung sprechen konnte.
Ich stellte bei meiner Krankenkasse einen Antrag auf eine Therapie auf Grund meiner Diagnose. Dem wurde auch zügig statt gegeben. Ganze 12 Sitzungen wurden mir genehmigt.
Einen Therapeuten zu finden ist eine schwierige Aufgabe, weil die meisten schon lange Wartelisten führen und oft keine neuen Patienten aufnehmen.
Aber ich hatte Glück und bekam einen Tip, und siehe da es klappte relativ zeitnah.
Ich musste mir eingestehen, dass ich überhaupt nicht mit der Krankheit umgehen konnte. Darüber reden tut gut und ich wollte nicht meine Ehefrau andauernd damit belasten. Sie hat mich sehr stark unterstützt.
Dafür Danke ich ihr sehr.

Bei der Arbeit ging im April bei mir nichts mehr. Ich hatte keine Kraft mehr. Seelisch ging es weiter abwärts.Ich befand mich in einer Gedanken Spirale aus der ich nur schwer ausbrechen konnte. Schnell merkte ich, dass es so nicht weiter ging.In der Firma hatte der Stress Level ungeahnte Höhen angenommen.
Die Entscheidung viel mir komischerweise schwer, da ich ja meine lieben Kollegen nicht im Stich lassen wollte. Was natürlich sich nur in meinen Gedanken widerspiegelte. Ich habe dann die Reißleine gezogen und habe mich krank schreiben lassen.

Meine Verfassung war miserabel.
Nach mehrmaligen Besuchen und weiteren gelben Zetteln, riet meine Hausärztin mir eine Rehabilitation bei der Rentenversicherung zu beantragen.

Der Papierkram dafür war immens. Tausend Zettel erschwerten mir den Durchblick

Aber es hat sich gelohnt, der Reha wurde innerhalb von 4 Wochen positiv beschieden.

Das Go kam dann ende Mai 2018. Antreten konnte ich diese aber erst am 4. Oktober 2018.

Das freute mich natürlich, auch wenn es noch über drei Monate hin war.
Meinen Chef konnte sich nicht so freuen. Klar, wir sind eine kleine Firma, wenn da ein Mitarbeiter lange ausfällt, lässt sich eher schwer kompensieren.
Insgesamt war ich allein diese Jahr schon ca. 14 Wochen ausgefallen.
Ich sage aber auch, dass keiner mit mir tauschen wollen würde.

Zwischendurch hatte ich meine 3-monatlichen Tumor Nachsorge Termine im Krankenhaus. Mein Kontroll Rhythmus war wegen meines in der Lunge befindlichen “Hamatom” verkürzt worden um bei einer eventuellen Veränderung diese im Auge zu haben. Das verstärkte meine Angst natürlich noch erheblich.

Der Druck und diese Angst je näher der Termin rückt, ist unbeschreiblich. Die Angst das doch noch Metastasen gefunden werden ist enorm. Abwechselnd sind CT und Sonographie dran. Diese Aufenthalte im Krankenhaus und das gewarte auf die Befunde ist der reine Horror.

In der MKG Ambulanz ist immer viel los, sprich stundenlanges warten im vollen kleinen Wartezimmer ist normal, trotz Termin. Dort sehe ich auch andere Patienten den es sicherlich noch schlechter geht als mir.

Ich bekam eine Situation mit, wo ich auf einem Behandlungsplatz am Ende des Flures saß, und auf meinen Venenzugang wartete. Im Behandlungszimmer mir gegen über, stand die Tür etwas offen und bekam mit, wie ein Arzt einen Patienten im wütenden Ton zusammen schiss.

Weil er weiterhin immer noch rauchte , der Arzt hatte dafür natürlich kein Verständnis und ließ seinem Unmut freien Lauf. Wutentbrannt stürmte der Arzt raus und ließ den Patienten mit seiner Frau alleine. “So kann ich Sie nicht behandeln” Die Frau raunzte ihren Mann im gehen an:

“Siehst du, sag ich doch, hör auf zu rauchen.
Mit langen Gesichtern zogen sie davon.

Bei allen Gesprächen mit Ärzten taucht immer wieder die Frage nach dem Rauch und Alkoholkonsum auf.Ich kann nur allen raten, nicht zu rauchen.

Welchen Grund gibt es dafür? Die Antwort: weil es mir schmeckt ??

Lachhaft, völliger Quatsch es ist eine Sucht. Und die gesundheitlichen Folgen
unabsehbar.

Raucher sollen mal eine Onkologische Abteilung eines Krankenhauses besuchen und sich dort mit krebskranken Patienten unterhalten.
Ich rauche im übrigen nicht und trinke sehr selten Alkohol!

Naja, zurück zu mir.

Ich musste mir zwei Dinge eingestehen.

1. die Krankheit entzieht immer noch viel Energie
(Müdigkeit nach Krebs = Fatique)

2. ich bin gerade nicht stark und habe kaum noch Kraft.

Ich stand am Anfang eines Burn Out.In meiner Situation passte das gerade gar nicht.

Obwohl ich der Ansicht bin, dass meine Abgrenzung gut funktionierte.
Nein sagen kann gut.

Aber mein Abschalten von allen Sorgen funktioniert nicht.Ich nahm mir auch zu viele Dinge zu Herzen und bekomme diese nicht aus meinem Kopf.

Nach einigen Wochen ging ich wieder zu Arbeit. Nachdem ein neuer Kollege eingestellt worden war, konnte es nur besser werden.

Inzwischen ist auch der Finale Operation Termin fix. Es ist der 2. November 2018. Mir wird ein Stück Knochen vom Beckenknochen entfernt und dieses wird in meine Lücke des Kiefers eingesetzt, wo der bösartige Tumor entfernt worden ist.

Das passt gut, da ich meine Rehabilitation vom 4.-25.Oktober 2018 geplant ist.

So fuhr ich ohne große Erwartungen zur Reha Klinik Garder See in Mecklenburg Vorpommern. Diese lag völlig im nichts.Nur Seen, Wälder und Wiesen. Hier sagen sich Hase und Igel gute Nacht.Ich hatte die Bewertungen der Klinik gar nicht erst gelesen.
Ich war froh, dass ich zu mindestens in einigen Ecken der Klinik LTE Empfang mit meinem Smartphone hatte. Das angebotene Wlan war eher eine Schnecken Post.
Naja, egal dachte ich mir,es wird schon gehen. Und dadurch versuchte ich auch gleich mal 3 Wochen ohne Fernsehen aus zu kommen.
Ich war froh, dass ich ein geräumiges Einzelzimmer hatte. Zweckmäßig einfach.
Die Aufnahme in der Klinik ging routiniert von statten.
Am zweiten Tag bekam ich einen Stundenplan mit viel Bewegung und Sport, Ausdauer Trainings, damit meine Kondition sich verbesserte.
In dem Restaurant bekam ich einen festen Sitzplatz am Fenster zu gewiesen.
Es war ein 6er Tisch mit netten anderen Patienten.
Die Klinik teilte sich in 3 Therapie Abteilungen auf: eine Onkologische(hier war ich), eine Psychosomatische und eine Pneumologische(Lunge)Abteilung.

Hier war ich eher einer der etwas jüngeren Patienten. Viele alte stark gehbehinderte Menschen mit neuen Knie und Hüftgelenken. Viele mit Gehhilfen / Krücken. Die kamen hier kaum vor die Tür. Es gab einen Rundweg um die Klinik von 1,3 Kilometern. Aber der war jetzt auch nicht Aufregend und für viele eher eine Herausforderung. In dem großen Garten gab es einige Liegen zum verweilen, und so nutzte ich es so oft wie es mir mein Therapieplan es zu ließ, mich hier in die schöne Spätsommer Sonne zu legen.
Tagsüber gab es nur wenig freie Zeit, und Abends wurde es schon gegen 18:30 dunkel. Da wurde es dann auch schnell langweilig. Viele Möglichkeiten sich irgendwo in der Klinik aufzuhalten, gab es kaum. Hier war Platz für 300 Patienten.
Und mich mit anderen Patienten über deren Krankengeschichte zu unterhalten wollte ich nicht. Also zog ich mich auf mein Zimmer zurück und bummelte durchs
Word Wide Web.
Ich wollte mir einen Wunsch erfüllen, und zwar eine schöne neue mechanische teure Uhr gönnen.
Ich verbrachte also viel Zeit damit, mir hunderte verschiedene Uhren anzusehen.
Was ich grob suchte, wußte ich ungefähr.
Die Frage ist dann letztendlich eine finanzielle.

Das erste Wochenende allein war sehr einsam. Aber ich hatte per Fahrradträger auf meinem Auto mein E-Bike mit. Und da sich das Wetter spätsommerlich präsentierte, nutzte ich es aus und folgte meiner Leidenschaft des Geocachens hier voll und ganz.
Hier war das Angebot an Verstecken zwar eher knapp, aber mit dem Rad durch Wiesen und Wälder an schönen naturbelassenen Seen vorbei zu radeln war schön und gab mir Ablenkung von der Klinik.

Was mich traurig machte als ich den Reha Termin bekam, war dass ich an dem Geburtstag meiner Frau Kirsten nicht zu Hause zu sollte.
Das ist das erste mal in den 21 Jahren unser Beziehung.
So blieb mir nur das Telefon als Glückwunsch Übermittlung.

An diesem Vormittag hatte ich mich zwischen zwei Terminen auf das Bett gelegt und war kaputt und müde. Ich hatte nicht gut geschlafen und das tägliche Trainingsprogramm strengte mich stark an.
Mein Mobiltelefon klingelte plötzlich, ich hatte meine Brille abgelegt und konnte die Nummer nicht richtig erkennen.

Es war die Asklepios Klinik Nord in der am 2.11 meine Operation statt finden sollte.
Mir schoss der Schreck in die Glieder.
So einen Anruf hatte ich vor 6 Monaten schon einmal, wo mir mitgeteilt wurde, dass etwas in meinen Sonographie Bildern auffällig war und ich zwei Tage später in der Ambulanz zu erschein hatte.
Die machen sich kein Bild davon welche starken Ängste sich da in einem abrupt aufbauen!

Um es kurz zu machen, wurde mein schon fest geplanter OP Termin auf den 14. Januar 2019 verschoben.

Scheisse… ich plante schon einige andere Termine um diese Operation herum.

Gleich um 2,5 Monate, aber was Solls, ich kann es nicht ändern, denn andere Lebensbedrohliche Operationen gehen vor.
Das wirft alle meine Pläne über den Haufen.
Im zweiten Telefonat mit Kirsten heute, überbrachte ich ihr die schlechte Hiobsbotschaft.

Am nächste Wochenende besuchte mich Kirsten dann in der Klinik am Garder See.
Das Wetter war traumhaft für Mitte Oktober, so das wir einen schönen gemeinsamen Tag in Güstrow verbrachten.

Die letzten anderthalb Wochen bekam ich dann auch noch herum.
Der Stundenplan war bis zum letzten Tag proppenvoll.
Was hier völlig zu kurz kam war die psychologische Betreuung. Zweimal gab es einen Gruppenvortrag über Onkologische Erkrankungen von einer sehr langweiligen Therapeutin.
Keine Einzelgespräche.. schade also muss ich mit mir selbst klar kommen.
Ich habe schon wie beim ersten Krankenhaus Aufenthalt angefangen ein Tagebuch zu schreiben um mir einfach einige Dinge von der Seele zuschreiben.

Deswegen bin ich auch hier auf die Idee gekommen diesen Blog darüber zu schreiben.
Ich habe diese Seite mit WordPress gebaut.
War erstmal gar nicht so schwierig, trotz das ich es nur auf meinem iPad gemacht habtte.

Ich glaube das es mir hilft, darüber zu schreiben oder auch auch zu sprechen.
Vielleicht lesen andere an Krebs erkrankte diesen Blog und merken das Sie nicht allein sind mit ihren Ängsten und Sorgen.

Jemand der gesund ist kann sich nur ganz schwer in einen hineinversetzten
der so schwer erkrankt ist.

Ich habe ja noch viel Glück gehabt, dass es so früh erkannt worden ist und das ich keine Chemotherapie benötigte, was mir viel Leid und Schmerzen erspart hat.

Ich habe mich auch im nach hinein bei dem Kieferchirurgen bedankt, dass er so weise war und meine Probe in die Pathologie geschickt hat.

Wenn das nicht passiert wäre, hätte der Krebs viel schlimmere Folgen für mich gehabt.

Wie vorgesehen wurde ich am 25. Oktober 2018 als “arbeitsfähig” aus der Rehabilitation entlassen.

Endlich wieder zu Hause die Frau in die Arme schließen und unsere beiden Kater schmusen und im eigenen Bett nächtigen.

Im Anschluß habe ich mir noch vier Tage Urlaub genommen.
Diese waren aber schon im vorwege voll mit verschiedenen Terminen bestückt.

Am meisten habe ich mich auf Montag den 29. gefreut. Ich hatte schon seit Monaten eine Konzert Karte für die Heavy Metal Band Powerwolf.
Diese sind eine extrem geile Liveband.

Heute haben wir am 31.10.18 in Hamburg das erste mal den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag.
Morgen ist der erste Arbeitstag…

Nun beende ich erstmal meine Geschichte und melde mich später noch einmal .

Bis dahin, gehabt euch wohl.

Gruß Andreas

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